01.04.2022 Straße von Gibraltar

Wir haben ähnliche Segelbedingungen wie vor zwei Tagen. Der Wind ist frisch mit 6 Bft. aus Nordwest bis West. Unser Kurs ist Südost, Gibraltar. Also wieder perfekter Schiebewind. Wir haben gar nicht erst versucht das Großsegel zu setzten, da es die Genua wieder so abdecken würde, dass sie zusammenfällt. Macht aber auch überhaupt nichts, da wir mit 8-9 Knoten recht zügig vorankommen. Die Sonne ist bereits untergegangen und wir haben unsere Positionslichter eingeschaltet. So fahren wir parallel zur spanischen Atlantikküste von Huelva (Puerto Mazagon) Richtung Süden. Da Heidrun nun nicht mehr mitmachen kann fahren wir unter elektrischem Autopilot. Und der macht seine Arbeit verdammt gut. Wir haben die Wellen von rechts schräg achtern und jede dieser Zicken zerrt unter Wasser quer an unseren Rudern und versetzt unser Boot um einige Grad nach rechts. Aber der Autopilot korrigiert das augenblicklich und bringt uns wieder auf Kurs. Nur macht er das eben nicht umsonst. Jede Kurskorrektur wird von einem ziemlich lauten Schnarren der Hydraulikpumpe begleitet und auf unserem Batteriemanager kann ich sehen, dass er sich fürstlich dafür mit Strom bezahlen lässt. Aber er funktioniert, und das einwandfrei, das ist die Hauptsache. Auf See erscheinen Dinge nachts näher als sie tatsächlich sind. So sitzen wir beide im Cockpit und sehen die deftig beleuchtete Küste an uns vorbeiziehen und glauben manchmal, dass sie nur einen Steinwurf entfernt ist. Ist sie aber nicht, wir sind im Mittel 9,5 NM (17 km) von ihr entfernt. Schon irre das Pano aber auch zweifelhaft, so viel Licht. Dadurch, dass wir soweit von der Küste entfernt sind brauchen wir nur wenige Tonnen (schwimmende Seefahrtszeichen) beachten. Stündlich will eine gesehen und mit sicherem Abstand passiert werden. Claudia macht uns eine Instant-Hühner-Nudelsuppe die genauso schmeckt. Aber morgens um 03.00 Uhr hat sie doch einen ganz anderen Wert. Warm, duftend, wachhalten. Wir erreichen gegen 04.00 Uhr das Cabo de Trafalgar, wo wir sehr dicht unter Land (dicht am Land) segeln. Der Leuchtturm ist mit bloßem Auge deutlich zu erkennen und das Schauspiel, wenn er sein Lichtschwert im 5-Sekundenrythmus durch den Himmel zieht ist wirklich beeindruckend. Ich sehe noch oft nach hinten nachdem wir ihn passiert haben und freue mich. In solchen Momenten gibt es auf See zum Glück kein Internet. Sonst würde man wahrscheinlich das Handy zücken um ein Bild irgendwohin zu schicken anstatt den Moment mit sich selbst zu genießen. Das ist gut so. Nicht gut ist, dass wir so zügig voran gekommen sind, dass wir die Straße von Gibraltar im Dunkeln erreichen werden. Jetzt die Handbremse ziehen? Nee. Dann ist es wie es ist. Nach dem Cabo de Trafalgar korrigieren wir unseren Kurs weiter nach Osten, so dass die mittlerweile stattlichen Wellen fast direkt von hinten kommen und nicht mehr seitlich. Wir werden sanft am Heck angehoben, surfen ein Stück die Welle hinunter und hören sie dann unter uns hinwegrauschen. Kurz vor Gibraltar ändert sich das aber schlagartig. Bekanntermassen strömt der Atlantik immer ins Mittelmeer, nie umgekehrt. Auf Grund der hohen Verdunstung des Mittelmeerwassers, fließt immer Wasser aus dem Atlantik ins Mittelmeer. Dieser Effekt wird durch die Gezeiten lediglich beschleunigt oder verlangsamt. Nun sollte man denken, dass somit ein Sog vom Mittelmeer durch das Nadelöhr Gibraltar entsteht. Unser Erlebnis war anders. Kurz vor Gibraltar stand die Welle plötzlich gegen den Wind, also weg vom Nadelöhr. Wind von hinten, Welle von vorn, sehr ungemütlich. Gegen 07.30 Uhr erreichen wir Tarifa, das nördliche Tor zur Straße von Gibraltar. Leider ist es stockduster und außer leuchtenden und blinkernden Seefahrtszeichen bekommen wir nichts zu sehen. Schade, schade. Wir freuen uns dennoch ungemein, diesen besonderen Ort nun erreicht zu haben und stehen stolz wie junge Captain Morgans im Cockpit, sehen ins Mittelmeer (eigentlich eher ins Dunkel) und sind einfach nur glücklich.

Das rote Dreieck sind wir mit 12,3 kn Fahrt, die rote Linie unser augenblicklicher Kurs, die violette Linie der Sollkurs. Unser nächster Wegpunkt ist 162,7 NM und 13h,58 min. entfernt. Unser Ziel Ibiza ist 375 NM und 1 Tag und 8 h entfernt. Ankunft um 16.12 Uhr. Aber nur, wenn wir weiterhin mit 12 kn segeln und das wird nicht passieren Am Ende kann man realistisch die Zeiten alle verdoppeln.

So durchqueren wir die Straße von Gibraltar völlig unbemerkt und unspektakulär, für uns dennoch eine große Etappe. Gegen 08.50 Uhr erleben wir unseren ersten Sonnenaufgang im Mittelmeer.

Hasi macht uns Frühstücksbrote mit Tomate Mozzarella und Gurkenscheiben. So kann es bitte immer bleiben. Vor uns liegen nun immer noch 375 NM (690 km) bis nach Ibiza. Mal sehen, was da noch kommt. Im Spätsommer, Anfang Herbst wollen wir das Mittelmeer wieder verlassen und uns Richtung Südatlantik auf den Weg machen. Somit werden wir die Straße von Gibraltar nochmals passieren, nur in die andere Richtung. Vielleicht klappt es ja dann im Hellen.

Vielleicht interessiert dich auch…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.