23.06.2022 Olbia

Wir erreichen am späten Nachmittag des 23.06.2022 den Stadthafen von Olbia. Der Hafen ist entgegen unserer Erwartung nur „mittelvoll“ und wir machen längs an der Pier „Moll Brien“ fest. Wir haben eigentlich erwartet, dass der Hafen voll ist, denn zum einen ist mittlerweile Hauptsaison und zum anderen ist er praktisch fast kostenlos. Man benötigt lediglich eine „Marca da Bollo“, eine Art Steuermarke welche man für 16 €/2 Tage im nächstgelegenen Zeitungskiosk bekommt. 

Wie großartig fühlt sich das an, mit nur einem Schritt an Land zu stehen.

Bequemer geht nicht. Ein Schritt und man steht auf festem Boden

Wir unternehmen noch an diesem Nachmittag einen ersten Ausflug in die Stadt, um oben erwähnte Marke und eine italienische SIM Karte zu holen, sowie um einen ersten Eindruck zu gewinnen. 

Geschichtlich hat diese Stadt viele Wandlungen erlebt. Einst vom antiken Volk der Etrusker (500 v. Chr.) errichtet übernahm Karthago zeitweise die Herrschaft über die Stadt, bis sie Teil des römischen Reiches wurde. Nach Zerfall des weströmischen Reiches wurde Olbia Teil des byzantinischen Reiches. 

Heute ist Olbia die viertgrößte Stadt Sardiniens und bündelt mit seinem großen Industrie-/Fährhafen (Kreuzfahrtschiffe) und seinem Flughafen zwei Verkehrsadern für Touristen. Entsprechend hektisch geht es in der Stadt zu. Wir erleben eine auf Tourismus orientierte Stadt, welche dringenden, kosmetischen Handlungsbedarf hat. Selbst im Herzen der Stadt sind auffällig viele Gebäude in bemitleidenswertem Zustand. Unsere erste Erkundungstour endet in einem der unzähligen Restaurants: Pizza „Four Fromages“ und „Alla Diavola“. Bella Italia. 

Wir schlendern zurück zum Hafen und versuchen vergeblich ein Brot irgendwo aufzutreiben. Ein Brot in dem Sinne, was wir darunter verstehen. 

Abends erleben wir dann die befürchtete Überraschung: Olbia macht seinem Namen als Touristenstadt mit Bewerbung, das El Arenal Sardiniens zu werden, alle Ehre. Wir werden derart von zwei Fronten beschallt, dass unsere Hoffnung hier im Hafen ruhig schlafen zu können sich in Nichts auflöst. Was sollen wir machen? Uns bleibt eigentlich gar nichts weiter übrig, als an dem Rummel teilzunehmen. Also beschließen wir gg. 23.30 Uhr in die Stadt zu gehen und irgendwo einen Cocktail zu schlürfen. Wir kommen an einem kleinen Markt vorbei und schnappen uns eine Flasche Mirto, welche unsere Einschlafhilfe werden soll. Oh Gott, wie gruselig schmeckt der denn. Dachten wir bisher, Mirto ist gleich Mirto, dann werden wir nun unmissverständlich eines besseren belehrt. Wir sind gebrieft vom Geschmack des Mirto aus dem „Tante Emma Laden“ in Maristella und haben es nun mit einem davon Lichtjahre entfernten, bitteren Etwas zu tun, dass einem den Zahnschmelz ablöst. Egal, wir sitzen an der Pier und sind nun Teil des ganzen nächtlichen Getöses und ertragen es somit viel leichter. 

Mirto ist nicht gleich Mirto aber Lärm wird dennoch eingeweicht.

Was uns hier als sehr angenehm auffällt ist die Tatsache, dass die Italiener sich zum Abend echt in Schale werfen. Wir sehen niemanden im T-Shirt mit Flipp Flops an den Füssen. Die Herren, egal ob jung oder älter tragen Hemd und richtige Schuhe. Die Damen sind in raffinierten Kleidern zu beobachten, bei den jüngeren Vertreterinnen manchmal so gewagt, dass Blicke magisch, magnetisch angezogen werden. Überhaupt erleben wir die Italiener als freundliches und stolzes Volk, unaffektiert und sympathisch. Und das typische Klischee des leidenschaftlichen, mit den Armen fuchtelnden Südeuropäers passt hundert Prozent. Man redet viel und man redet laut.

Der nächste Tag gehört dem in der Nähe befindlichen Pan Supermarkt. Wir schnappen unsere Fahrräder und die Einkaufsliste und los geht’s. Da Micha Vegetarier ist, müssen wir etwas weiter denken und mehr Obst, Gemüse, Käse und Co. kaufen als sonst. Da wir ihm natürlich eine schöne Woche mit uns bescheren wollen, landet auch Cola, richtiges Mineralwasser, Schokowaffeln und Nutella im Einkaufskorb. 

Anschließend suchen wir noch einen in der Nähe befindlichen Waschsalon auf um die „große Wäsche“ zu erledigen. Wir sind mit unserer Mini an Bord sehr glücklich, aber Bettwäsche und Handtücher müssten jeweils einzeln gewaschen werden, was sehr viel Zeit , Strom und Wasser beanspruchen würde. Im Waschsalon nehmen wir die 16 kg Maschine und es braucht nur einen Durchgang, um vier Garnituren Bettwäsche und viele große Handtücher in den Zustand „Neu“ zu versetzen. 

Am Abend der selbe akustische Breitangriff wie am Vorabend. Wir ertragen es mit Fassung, diesmal ohne Mirto. 

Wir fahren am folgenden Tag mit dem Bus zum Flughafen um Micha in Empfang zu nehmen. Die Maschine landet zwar mit einer Stunde Verspätung und wir freuen uns, als er endlich da ist. 

Wir müssen gestehen, dass sich in den vergangenen 4 Monaten auf unserem Boot eine gewisse Isolation bemerkbar gemacht hat. Es fehlt schlichtweg an sozialen Interaktionen mit anderen Menschen. Liegen wir vor Anker oder im Hafen, umgeben uns viele Spanier, Engländer, Franzosen, Italiener und erstaunlicherweise auch viele Polen. Deutsche Flaggen sind eher selten zu finden. Und wenn doch mal, dann wird der Versuch Kontakt aufzunehmen mit einem höflichen „.. so, ich muss noch einiges erledigen“ beendet. Bisher haben wir die oft beschriebene „Familie“ der Segler nicht entdeckt. 

Deckt sich aber mit dem, was Peter, ein norddeutscher Weltumsegler der derzeit in Portimao hängen geblieben ist, uns dort erzählte. Er meinte, früher war das so, heute macht jeder sein Böötchen dicht und will seine Ruhe haben. Wollen wir ja auch irgendwie, aber alles zu seiner Zeit. 

Wir laufen noch am selben Tag, nun zu Dritt, aus dem Hafen von Olbia aus. Bloß weg hier, sei es nur in die nächste Bucht mit klarem Wasser, Strand und ohne Lärmkanonen.

Eine Stunde später sind wir schon in einer ganz anderen Welt.

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