02.06.2022 Nachtrag zum PAN PAN vom 30.03.2022

Es kann sich sicherlich jeder vorstellen, dass uns die Frage nach dem „was hat uns die Ruder demoliert, wovor müssen wir uns fürchten, worauf achten“ seit dem Zwischenfall auf hoher See brennend interessiert. Es vergeht praktisch kaum ein Tag, an dem wir nicht darüber sprechen und die Antwort suchen. Wir sind uns sicher, sie gefunden zu haben. Nochmal die Fakten:

  • Wir befanden uns ca. 42 Meilen südlich vom spanischen Festland in Höhe Huelva auf einer direkten Linie von Portimao nach Gibraltar. 
  • Wir hatten Windstärke 6, ca. 2 m hohe Wellen von hinten und machten ca. 7-8 Knoten Fahrt. Entsprechend war die See laut. 
  • Unser Boot drehte innerhalb eines Augenblickes ohne unseren Eingriff um ca. 90-120 Grad zur Seite. 
  • Es gab keinen harten Aufprall und keine gefühlte Bremswirkung.
  • Etwa 6 – 8 Minuten nach der Drehung brach das Ruder von Heidrun mit einem lauten Knall ab. 
  • Beide Hauptruder waren anschließend auf ihren Schäften durch starke Krafteinwirkung gegenläufig verdreht (wissen wir heute), so dass wir manövrierunfähig waren.

Welche Möglichkeiten gibt es, die so etwas verursachen können?

  • Verlorenes, treibendes Fischernetz: es hätte uns zwar drehen können, wenn wir es an nur einem Ruder erwischt hätten, aber es hätte uns auch gebremst. Es hätte das Ruder von Heidrun nicht erreicht, da es hinter den Hauptrudern steht und es hätte auch nicht die Kraft gehabt, das Hauptruder zu verdrehen, geschweige denn beide.  
  • Intaktes Fischernetz (Stellnetz), Treibnetz: wir waren ca. 45 Meilen vom Festland entfernt bei ca. 1.000 m Wassertiefe. Da gibt es keine Stellnetze. Treibnetze sind seit 1992 verboten. Ein illegales Treibnetz hätte uns gebremst, aber auch das hätte Heidruns Ruder nicht erreicht und wir hätten es gesehen. 
  • Treibende Langleine: die hätte sich oberhalb der Hauptruder in dem Spalt zwischen Ruder und Rumpf verfangen, vielleicht auf beiden Seiten, hätte uns vielleicht etwas verdreht, aber auch auf jeden Fall abgebremst. Auch die Langleine hätte das Ruder von Heidrun nicht erreicht und schon gar nicht die beiden Hauptruder verdreht. Wäre es nur ein kleines Stück einer Langleine gewesen, hätten wir das gar nicht bemerkt. 
  • Container, Baumstamm, anderes, großes Treibgut: es gab keinen harten Aufprall, keinen Schlag. Das Boot hat im Unterwasserbereich keine Spuren. 
  • Andere Fischernetze: dazu gehört dann immer ein Schiff und dort war kein Trawler. 
  • Orca Begegnung: es gibt zwischenzeitlich sehr viele Augenzeugenberichte und YouTube Filme die dokumentieren, dass vorwiegend Segelboote praktisch in die Zange genommen werden und immer in die Ruder „gebissen“ werden. Das erklärt die abrupte Drehung ohne gebremst zu werden, da die Wale mit dem Boot mit schwimmen. Ein 6 Tonnen schwerer Wal, welcher seitlich gegen ein Ruder drückt schafft es mühelos, dieses auf seinem Schaft zu verdrehen. Durch die immer wieder beschriebene „Zange“ drückt ein Wal oder mehrere auf der einen Seite und einer oder mehrere auf der anderen. Das erklärt die Tatsache, dass die beiden Hauptruder gegenläufig und nicht parallel verdreht waren. Und ein 4 Tonnen schwerer Jungwal, welcher sich in Heidruns Ruder verbeisst, bricht es wie eine ungekochte Spagetti ab. Auf der interaktiven Karte von https://www.orcaiberica.org/2022 kann man ganz deutlich erkennen, wie sich die gemeldeten „Vorfälle“ zwischen Mitte März und Mitte April von Portugal nach Gibraltar verlagerten. Unser „Vorfall“ war am 29. März, somit genau in der Mitte, zeitlich als auch geografisch, exakt auf der Zugbahn der verrückten Orcas.

Die erste Frage unserer Seenotretter: „waren es die Orcas“.

So unglaublich es klingt, aber sie waren es, welche nach Lage der Fakten unsere Ruder demoliert haben. Selbst die Frage, warum wir sie nicht bemerkt haben, können wir uns mittlerweile beantworten. Die See war aufgrund des starken Windes und der fauchenden Wellen sehr laut. Es war stockfinstere Nacht, so dass man schlichtweg nichts sehen konnte. Und niemand von uns hat vorher mit der Taschenlampe ins Wasser hinter uns gesehen, warum auch.

Für uns ist die Erkenntnis wichtig, da wir die Antwort auf die Frage nach dem „Was“ nun haben und wissen, was genau passiert ist. Und dass wir, wenn wir das Mittelmeer irgendwann wieder verlassen werden, den Bereich um Gibraltar am Tage passieren und das Ruder von Heidrun vorher ausgehängt wird.

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(1) Kommentar

  1. Fabian

    Wow wie gruselig… Und wir haben letztes Jahr noch darüber gesprochen. Da euch somit das Absurdeste was die raue See bieten kann bereits wiederfahren ist, kann euch jetzt nichts mehr vom Hocker hauen 😁

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