14.05.2022 Menorca

Nach dem Schreck der unfreiwilligen Begegnung mit dem Tri und zwei darauffolgenden Tagen mit Sturm und Ankerwache, können wir nun endlich die Insel erkunden. Als erstes besuchen wir die Stadt Mahon (Maó), Hauptstadt der Insel und mit 30.000 Einwohnern die größte Stadt Menorcas und gleichzeitig der östlichste Punkt Spaniens. Sie schmiegt sich fast komplett um den Naturhafen und füllt die schroffen Felswände mit meist weißen Häusern auf. Eine Stadt, die in der Sonne und im Meer badet. Die Stadt hat viele Kulturen und Herrscher erlebt, Phönizier, Karthager, Römer und Araber. Am Ende waren es die Briten, die der Stadt ihren kolonialen Charakter gaben. Wir schlendern durch die prächtigen Straßen und Gassen der Stadt, besuchen die Markthalle der Stadt (Claustre del Carme), welche sich in einem klösterlichen Kreuzgang befindet und stehen vor einer verschlossenen Marienkirche (Esglesia de Santa Maria). Macht nichts, mich wundert es ohnehin immer wieder, warum man sich in fremden (ausländischen) Städten Kirchen ansehen will. Ich habe so viele deutsche Städte besucht aber nicht eine Kirche dort gesehen. 

Naiv wie wir sind, versuchten wir den Weg vom Ankerplatz bis in die Stadt mit unseren Fahrrädern zurückzulegen. Wir haben mehr geschoben als wir gefahren sind, so steil sind die Straßen. Fahrradfahren auf Menorca wurde von uns abgewählt, man sieht auch tatsächlich ganz selten Radfahrer, was der Topografie der Insel geschuldet ist. 

Am nächsten Tag besuchen wir die Festungsanlagen der „Isabell II“ in La Mola am Eingang des Naturhafens, praktisch direkt vor unserer Nase. Es ist ein gewaltiges Bauwerk und für jeden, der sich für solche Anlagen interessiert bestimmt ein Juwel. Mangels Grundlagenwissen und militärischem Interesse beschränken wir unseren Besuch auf einen ausgedehnten Spaziergang und müssen aber immer wieder staunen, wie man solch gewaltigen Mauern und Türme in der Mitte des 18. Jahrhunderts errichten konnte. Die Festung war im Übrigen niemals in einem militärischen Konflikt verwickelt und wurde Mitte des 19. Jahrhunderts als solche aufgegeben. 

Ein wirklich beeindruckendes Bauwerk.

Wir besuchen am folgenden Tag nochmals Mahon, diesmal aber aus ganz profanem Grund: unser Boot braucht vier neue Keilriemen und Getriebeöl, wir wollen einen Mietwagen für ein paar Tage buchen und wissen, wie Menorca schmeckt. Unsere kulinarischen Erfahrungen auf der Insel sind allesamt Weltklasse. Man „schmeckt“ den Einfluss der vielen Kulturen die ihre Spuren hier hinterlassen haben. Von sündhaft teuer bis angemessen schlemmern wir uns durch die Restaurants. Für mich bisher unbekannt waren sogenannte Tapas Bars. Kleine Köstlichkeiten, raffiniert zubereitet, sündhaft teuer. Claudia erwischt gegrillten Kalmar auf Linsen, welche mit Kardamom, Chilli, Ingwer und Koriander zubereitet waren. 37 € später, unglaublich lecker. Wir finden auch ein Restaurant, wo zwei Gerichte plus Dessert 15 € kosten und das war auch ausgesprochen lecker.

Wir probieren den „Queso de Mahon“, Menorcas berühmten Käse. Der wird wahrscheinlich sehr alt in unserem Kühlschrank werden, geruchsdicht verpackt. Uns ist der Geschmack einfach zu heftig. Wir testen auch den menorquinischen Gin, den „Gin Xoriguer“. Der wird nicht alt in unserem Kühlschrank und wir haben uns ein paar Flaschen für später geholt. 

Wir besuchen den höchsten „Berg“ der Insel auf dessen Gipfel ein Kloster steht. Kann man machen, ein Muss ist es aber nicht. Einzig die Aussicht ist überwältigend. Man überblickt praktisch die gesamte Insel, wenn die Sichtverhältnisse es zulassen. 

Der Ausblick lohnt sich, der Rest, naja.

Wir fahren nach Fornells, ein kleines Fischerdorf welches gern das schönste der Insel wäre. Fischer haben wir keine gesehen und auch sonst ist die Zeit des Umbruchs dort deutlich zu erkennen. Das gesamte Dorf ist von einer riesigen Baustelle umschlossen. Dort entsteht gerade eine neue Flaniermeile und eine neue Marina. Vom einstigen Charme sehen wir offen gestanden nicht wirklich etwas. 

Uns hat es sich nicht wirklich erschlossen, warum Fornells als eins der schönsten Dörfer gilt.

Eine der größten Ausgrabungsstätten der Insel stand ebenfalls auf unserem Programm, die „Torre d´en Galmes“. Wir sind bestimmt keine Kulturgeschichtler aber das war ein wirklich interessanter Besuch. Die Anlage selbst ist gut strukturiert und durch viele Schilder und Tafeln gut erklärt. Macht einfach mehr Sinn und Spaß, wenn man weiß, was man dort sieht. Und auch da mussten wir immer wieder staunen, wie Menschen 1.800 v. Chr. solche „Gebäude“ errichten konnten. In ihrer Ausführung sind sie natürlich sehr rudimentär aber die Steine, welche man dort übereinander gestapelt hat wiegen trotzdem mal etliche Tonnen. Wie haben unsere prähistorischen Vorfahren das gemacht? Dass man ihnen mal wieder weitreichende, astronomische Kenntnisse unterjubelt, nur weil sie ihre Eingänge nach Süden ausrichteten, halte ich für sehr fragwürdig.

Es gibt von diesen Fundstätten sehr viele auf Menorca, so dass die Insel einem Freilichtmuseum gleicht. 

Das Inselinnere ist erwartungsgemäß unspektakulär. Unzählige Landwirtschaften in denen Kühe und Pferde gehalten werden prägen das Bild. Der Großteil der Milchproduktion wird tatsächlich für die Herstellung des „Queso de Mahon“ verwendet, die Pferde gelten als sehr gelehrige Tiere und bilden eine eigene Rasse, die Menorquiner. Man kann auch unzählige Schilder „agrotorismus“ (Urlaub auf dem Bauernhof) sehen, ein Konzept, welches sich wohl wachsender Beliebtheit erfreut. 

Der Verkehr auf der Insel ist sehr zahm. Maximal sind 90 km/h erlaubt, es wird nicht gehupt oder gedrängelt. Es gibt keine Ampeln, auch nicht in den Städten, alles reguliert sich über Kreisverkehre. Wenn man so etwas erlebt stellt sich zwangsläufig die Frage, warum in old G Millionen von Euros und Kilowattstunden in prächtig funkelden Ampelanlagen verbrannt werden. 

Wir wollten einen Wanderweg durch eine Schlucht laufen, sind aber daran gescheitert, den Einstieg nicht gefunden zu haben. Unser erster Versuch endete inmitten eines privaten Bauernhofes, der zweite am Pool eines Campingplatzes, der dritte an einer Minikirche auf einem Berg, dessen Aufstieg echt anstrengend war, der vierte im hüfthohen Gras, wo unser Fiat Panda nicht durchfahren wollte. Also haben wir kurzerhand den Nationalpark „Parc natural de s’Albufera des Grau“ besucht. Da sich der Park um einen Süßwassersee erstreckt und ein Sammelpunkt für durchziehende Vögel ist, ist er wieder ein Eldorado für deren Liebhaber, so haben wir es als schönen Spaziergang abgetan. 

Wir besuchten die ewige Konkurrentin zu Mahon, die Stadt Cuitadella de Menorca. Einst war sie die Hauptstadt und viele sehen noch heute in ihr die wahre Metropole. Für uns das schönste Stück Stadt, was wir auf den Balearen zu sehen bekamen. Eine Ansammlung von mittelalterlichen Straßen, Palästen, Kirchen und Festungen rund um einen kleinen Naturhafen. Was uns sofort auffiel war, dass in den vielen, kleinen Geschäften kein Ramsch angeboten wurde. Es gab viele Kunsthändler, Goldschmieden und Delikatessenläden, in denen man regionale Spezialitäten kaufen kann. Claudia bekam dort auch ihre Kirche zu sehen, die „Catedral de Santa María de Ciudadela“. Das monumentale Gotteshaus im Stil der katalanischen Gotik besitzt ein gewaltiges Mittelschiff und sechs Kapellen, die alle aufwändig ausgestattet wurden. Und weil man schon einmal dabei ist, gab es eine Besichtigung des Klosters „Sant Agustine“ als Bonbon gleich dazu. Leider ist das Kloster als solches nicht zu besichtigen sondern nur ein paar Vorräume mit Dauerausstellungen. Also Kathedrale ja, Kloster nein. Lieber den Eintritt in ein paar Tapas investieren. 

Liebe Leute, wen es auch immer irgendwann nach Menorca verschlägt, besucht diese Stadt.

Weil unser Sportsgeist noch immer nicht erloschen ist unternehmen wir einen fünften Versuch, DEN Wanderweg zu finden. Sorgfältige Recherche, präzise Anfahrt mittels eines auf jedem Handy verfügbaren Navigationssystems: wieder falsch. Wieder falsch aber mit Entschädigung. Wir finden nicht den Einstieg in den gesuchten Canyon, aber einen Wanderweg, der es in die Liga Elbsandsteingebirge schafft. Zwischen Kuhweiden, Feldern und staubigen Schotterwegen versteckt sich ein einst von den Römern angelegter „Kommunikationsweg“. Der Weg ist wieder das Ziel und der ist unverhofft einfach klasse. Eben Entschädigung. 

Alles in allem wirkt die Insel auf uns sehr beruhigt, freundlich, mit einer fühlbaren Bodenständigkeit, unbedingt einen Besuch wert.

Jetzt (15.05.) müssen wir erstmal pausieren, da Hasi sich mit ihren Nieren, Blase und Co. rumärgern muss. Und ich sitze hilflos daneben. Wir hoffen, dass es nichts Ernstes ist. 

Vielleicht interessiert dich auch…

(1) Kommentar

  1. Thorsten

    Der Bananenpabst verfolgt Euch jetzt und wünscht eine gute Reise 🙂

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.