27.04.2022 Cabrera Archipel

So unglaublich das klingt, wir sind tatsächlich in einem Archipel angekommen, im Cabrera Archipel. Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich es bisher nicht kannte. Einziger Trost: ich wette, der Großteil von euch auch nicht. Direkt vor der Südostküste Mallorcas gelegen führt es ein unscheinbares Leben, niemand nimmt es wahr, die wenigsten kennen es, da ist doch gar nichts. Und das ist gut und so gewollt. 

Um hier her zu kommen (dürfen) bedarf es einer vorherigen Anmeldung (online), einer Genehmigung und für uns mit dem Boot der Reservierung einer Boje zum Festmachen. Ankern ist prinzipiell verboten. Viele scheitern sicherlich schon bei der Beantragung des Permit, weil schwer zu finden, nicht in deutsch und es braucht einiges an Zeit und vieler Unterlagen. Und dann kostet es Geld hier zu sein, jeden einzelnen Tag. 

Gelandet sind wir hier, weil wir aus Ibiza weg mussten. Nicht wegen der Insel sondern wegen des Wetters. Es zogen drei Sturmfronten in acht Tagen über die Insel. Und immer aus unterschiedlichen Richtungen, so dass es keinen dauerhaften, geschützten Ort gab, außer einen Hafen. Und das Hafenproblem habe ich ja beschrieben. Da die vierte Sturmfront im Anmarsch war habe ich entschieden, uns nach Mallorca zu verholen, zwischen der einen und der anderen Front. Zeitfenster ca.16-20 Stunden. Und bei der Suche nach einem geeigneten Ort zum Anlanden auf Mallorca ist mir diese kleine Inselgruppe aufgefallen. 70 Meilen von Ibiza entfernt, 14 Stunden zu segeln, passt. Und es klang unglaublich gut, was es im Vorfeld über diese Inseln zu lesen gab. 

Da ist doch was vor Mallorcas Südostküste

Die Überfahrt war recht beschaulich. Um 05.00 Uhr hieß es Anker auf, die ersten 3 h nur unter Maschine, dann kam allmählich Wind und wir konnten segeln. Der Wind nahm im Laufe des Tages zu, die vierte Sturmfront war im Anmarsch und uns eher als erwartet dicht auf den Fersen. So sind wir 11 h später mit 26 Kn Wind hier im Naturhafen von Cabrera eingelaufen. Was ein Anblick, links und rechts stehen gewaltig hohe Felswände, auf der einen kann man die Ruine eines mehrfach zerstörten und wieder aufgebauten Kastells erkennen. Hinter der Einfahrt eröffnet sich eine große, ruhige, von Felsen eingerahmte Bucht. Kleine Strände sind zu sehen, geschlossene Waldflächen bedecken Teile der felsigen Insel.

Es gibt viele kleine Strände hier in der Bucht.

Wir fischen uns eine Boje und machen uns daran fest. Dafür, dass es unser erstes Date mit einer Boje war hat es prima geklappt. 

Der Wind nimmt im Laufe der kommenden 24 h auf satte 40 Kn in Böen zu, Windhosen tanzen durch die Bucht und wir bringen eine zweite Hahnepot aus, da Kaimiloa mächtig an ihrer Boje zerrt. So verbringen wir den gesamten nächsten Tag mit Ankerwache bis sich der Wind gegen Abend allmählich beruhigt. 

Wir sind im einzigen Nationalpark Mallorcas, ein Refugium für mehr als Hundert Seevogelarten, es dürfen keine Tiere mit an Land gebracht werden, angeln ist verboten, es gibt nichts zu kaufen, Natur pur. Die Meeresumgebung gilt als die älteste, unberührteste und naturbelassenste ihrer Art. So gibt es hier Schildkröten und Wale, nur leider bisher nicht für unsere Augen. Und einen Sternenhimmel gibt es zum niederknien. Und so wie immer hat alles auch eine dunkle Seite. Nach Ende das spanischen Unabhängigkeitskrieges 1814 wurden ca. 18.000 französische Soldaten auf die Insel deportiert, ohne Nahrung und ohne medizinische Versorgung. Ein Großteil von ihnen ließ ihr Leben hier auf der Insel.

Am nächsten Tag erkunden wir die Insel per Wanderung. Da sie nicht wirklich groß ist sind die Entfernungen entsprechend überschaubar. Trotzdem erreichen wir unser Ziel, den Leuchtturm nicht, da der Weg nach ca. 75% der Strecke gesperrt ist. Gesperrt aus Rücksicht auf die Natur. Uns stört das nicht, ist doch der Weg das Ziel, nicht der Leuchtturm. Wir sind echt beeindruckt von der Schönheit dieses Ortes. Da wir ornithologische Analphabeten sind versuchen wir gar nicht erst, etwas besonderes zu entdecken. Eins steht aber fest, es gibt tatsächlich sehr viele Vögel hier. Und Unmengen Eidechsen die wie kleine Wirbelwinde über den Felsboden huschen.

Der hat bestimmt auch einen richtigen Namen.

Am Abend besuchen wir die „Cantina“, hier gibt es ein Bier „zisch“, tut das gut und das schlechteste Sandwich aller Zeiten. Aber dafür auch das teuerste aller Zeiten. Da es hier keinerlei Versorgungsmöglichkeit gibt ist die Politik des Betreibers klar: nimm es so teuer und schlecht es ist oder hungere. Aber der Ausblick über die Bucht ist sensationell und entschädigt uns. 

Am kommenden Tag machen wir unser Kanu flott und paddeln in die Nachbarbucht auf der Suche nach der „blauen Grotte“. Ob wir sie gefunden haben wissen wir nicht, wir sind in die einzige für uns sichtbare Felsenhöhle gepaddelt mit kristallklarem Wasser und dieser eigenen, nur in Höhlen zu vernehmenden Geräuschkulisse. Nur Blau war da nichts. Egal, trotzdem ein Erlebnis.

Keine Ahnung ob das die „blaue Grotte“ ist, es war halt keine andere da.

Direkt daneben haben wir an einem kleinen Strand gehalten und wurden unsanft an die Realität erinnert. Plastikabfall im Überfluss, Flaschen, Kanister, Schuhe und was der Fischer noch so verliert. Kein schöner Anblick, leider.

Da wir zu Hause schon gern Kanu mit „Stützrad“ gefahren sind, wollen wir auch hier nicht darauf verzichten.

Im Kontrast dazu aber eine üppige, für diese Region typische Vegetation aus flachen Büschen wie Rosmarin, wilden Feigen- und Olivenbäumen und Flechten. Im klaren Wasser können wir Muscheln beobachten, die mit ihrem Regenschirmen Plankton fischen. 

Es lebt im Wasser, direkt am Strand an einem angespülten Baumstamm.

Abends wieder in der Cantina, „zisch“ und den Ausblick genießen, diesmal ohne Sandwich. Wir lernen Jörn und Gabi kennen, die diesen Ort schon seit Ewigkeiten mit dem Segelboot besuchen. Jörn hat sich die Koordinaten der Bucht tätowieren lassen und möchte später hier begraben sein. Schöne Vorstellung. 

Wie wir erfahren, ist man hier im Umgang mit Leuten die sich nicht an die Regeln halten nicht zimperlich. Keine Anmeldung, keine Boje? Tschüß. Laute Musik? Tschüß. Müll über Bord geworfen? Tschüß. Mehrmals täglich sehen wir die Ranger mit ihrem Boot innerhalb der Bucht und um die Insel Patrouille fahren. Somit ist Cabrera ein Garant für alle, die es ruhiger mögen und den Kontrast zur Inselmetropole Palma schätzen. 

Von den schätzungsweisen 30 Bojen sind vielleicht 5 belegt. Vorsaison juhu.

Ich mag es mir gar nicht vorstellen wie es hier wäre, wenn übergewichtige Kinder, eingezwängt im Schwimmring, hyperventilierend und heulend an der Eiscremebude schreien, weil ihnen die zugeteilte Portion als zu wenig erscheint. 

Es ist schön hier, so wie es ist.

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(2) Kommentare

  1. Rainer Hohlbein

    Tolle Reisebeschreibung macht weiter so 👍🏿✅
    Wie ist das übrigens mit Angeln macht ihr das auch?
    Gruß Rainer und Anja

    1. kaimiloa

      Moin Rainer, steht auf unserer Liste ganz oben. Wir haben eine großartige BigGame Route an Board (geschenkt bekommen von meinen lieben Kollegen) aber noch keine Gelegenheit gehabt, sie auszuprobieren. Was uns fehlt, ist eine kleine, handliche Spinnrute für die Ankerplätze. Wir haben in Cabrera Barracudas (europäische) um unser Boot schwimmen sehen. Haben wir eine solche Angel, liegt der nächste in unserer Pfanne.

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