30.03.2022 Puerto Deportivo de Mazagon

Nach einer fast 12 stündigen, sehr holprigen Abschleppfahrt mit dem Seenotkreuzer laufen wir gegen 20.30 Uhr im Puerto Deportivo de Mazagon ein.

Man hat uns kurz vorm Hafen längsseits genommen und so laufen wir im „Päckchen“ zum extra für uns eingerichteten Liegeplatz ein, da in den Hafen eigentlich keine Katamarane passen. Das Anlegen an den Liegeplatz vom Kreuzer aus erfolgte dann in „Handarbeit“ mit vielen Leinen und viel Gerufe. Dann noch etwas Papierkram mit dem Seenotkreuzer und einklarieren beim Hafenmeister. Wir sind nun sicher im Hafen und merken allmählich, wie die Anspannung nachlässt und wir uns langsam beruhigen. Einziger Wehmutstropfen der ganzen Aktion: in Spanien ist Seenotrettung nicht kostenlos wie bei uns in Deutschland. 15 Stunden x 350 € zuzügl. Mwst. Puh, da wird in den kommenden Monaten aber der Gürtel enger gezogen werden müssen. Darauf erstmal einen Schnaps. Ich stehe draußen im Cockpit, sehe hinaus aufs Meer und kann noch immer nicht so recht fassen, was in den letzten 20 Stunden passiert ist. Und vor allem beschäftigt uns die Frage, was uns so demoliert hat. Das Ruder von Heidrun ist aus massivem Kunststoff und schlichtweg abgebrochen. Dazu braucht es schon einer enorm großen Kraft.

Die Reste von Heidruns Ruder. Da fehlt glatt ein ganzer Meter.

Noch einen Schnaps aber schlauer werde ich davon auch nicht. Aber ruhiger. Wir liegen direkt neben dem Seenotkreuzer dessen Maschine aus Sicherheitsgründen wahrscheinlich nie ausgehen wird. Stört aber irgendwie nicht. Wir sind glücklich und völlig down. Piffen, duschen, schlafen. Gegen 23.30 Uhr sind unsere Lichter aus.

Am nächsten Morgen, Claudia schläft noch, gibt es einen schnellen Kaffee und sofort krame ich Tauchbrille und Neopren hervor. Die Frage, wie es unter dem Schiff aussieht brennt so sehr, dass ich sofort ins kristallklare, äh hafenklare Wasser steige um nachzusehen. Gefasst bin ich auf so ziemlich alles: gebrochener Ruderschaft, abgerissene Ruder, die Reste eines Fischernetzes am Ruder, verbogener Schaft … und, und, und. Also Augen auf und ab ins Hafenwasser. Zuerst sehe ich nichts, da das Wasser sehr trübe ist, je näher ich aber dem Steuerbordruder komme, umso besser kann ich es erkennen. Es ist da, nicht abgerissen, nicht verbogen nur schief. Es steht in einem Winkel von ca. 60 Grad nach links. Abtasten, Rüttelprobe, alles fest. Also rüber zum Backbordruder und auch das ist da, steht allerdings in einem Winkel von geschätzten 40 Grad nach rechts. Auch dort ist nichts Auffälliges zu sehen, das Ruder ist fest und es sind keine Beschädigungen zu erkennen. Raus aus dem Wasser, Neopren aus und ab unter die heiße Dusche. Als ich zurück komme ist Claudia wach und ich erzähle ihr, was es zu sehen gab. Waren wir uns bist jetzt sicher, irgendetwas an unseren Rudern zu finden ergeben sich jetzt wieder neue Fragezeichen. Aber irgendwie muss das alles am Ende ein Bild ergeben. Beide Ruder stehen in einem völlig wirren Winkel zu einander. Das erklärt auf jeden Fall, wieso Kaimiloa nicht mehr zu steuern war. Wollte das eine Ruder nach links, wollte das andere nach rechts. Nach einer halben Stunde habe ich die Ursache auch gefunden. Bei beiden Rudern hat die Verbindung vom Schaft zum Quadranten nachgegeben. Bei anderen Schiffen ist das Steuerrad mit Ketten oder Stahldrähten mit dem Ruderschaft verbunden. Drückt also etwas seitlich auf das Ruder, dann wird diese Kraft über die Ketten/Seile rückwärts übertragen und das Steuerrad dreht sich. Nicht so bei uns, unsere Steuerung funktioniert hydraulisch, ähnlich einem Schneckenradgetriebe. Drückt da etwas seitlich auf die Ruder, dann wird diese Kraft nicht auf die Steuerräder übertragen. Somit muss etwas nachgeben.

Den Schaden konnte ich dennoch binnen 4 Stunden mit Bordmitteln reparieren. Dann den Navitisch wieder angeschraubt, der zwar aus seiner Verankerung gerissen aber Gottseidank nicht durchs Boot geflogen ist. Also raus aus dem Hafen und weiter? Ja. Ähnlich wie beim Skifahren, ist man einmal ordentlich auf die Nase gefallen und fährt danach nicht sofort wieder weil die Angst zu groß ist, fährt man nie wieder. Und schön ist der Hafen auch nicht. Also Auschecken beim Hafenmeister, Leinen los und weiter geht unsere Reise Richtung Ibiza.

Einzig die Frage was uns festgehalten hat, wo wir drüber gefahren sind, was wir uns eingefangen haben, die werden wir uns nie zweifelsfrei beantworten können. Es gab keine harten Aufprall. Es gab eine Drehung. Heidrun hat ihr hübsches Bein verloren. Beide Ruder waren verdreht aber unbeschädigt. Was dort gedrückt, gezogen und Heidruns Bein abgebrochen hat, das brauchte viel, viel Kraft. Theorien gibt es viele. Vielleicht gibt es ja von Euch Ideen in den Kommentaren?

Gegen 17.00 Uhr verlassen wir den Hafen und machen einen Riiiiiiieeeeesenbogen um all die Fischerfähnchen die gefühlt zu Tausenden da draußen lauern.

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(1) Kommentar

  1. Fabian

    Gut dass ihr den Schock überstanden habt, war sicher ein Fischernetz oder ein Schwarm Großkopfmeeräschen 😉

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